Das Motiv für sexualisierte Gewalt ist nicht Sexualität, sondern Macht.
Sexualität wird funktionalisiert, um zu demütigen und zu erniedrigen. und zu unterdrücken mit dem Ziel, sich selbst als mächtig zu erleben.
Sexualisierte Gewalt ist Ausdruck gesellschaftlicher Machtverhältnisse, in denen Männer (und auch Jungen) ihre Machtstellung gegenüber Frauen und Mädchen sichern, indem sexu-elle Handlungen gezielt als Mittel zur Diskriminierung, Demütigung und Machtausübung eingesetzt werden.
Mehr als 80% der Täter sind Männer, deshalb sprechen wir im Folgenden von Tätern in der männlichen Form.
Bei allen Formen sexueller Übergriffe handelt es sich nicht um gewalttätige Formen von Sexualität, sondern um Gewalt, für die Sexualität als „Waffe“ benutzt wird.
Oft wird die Verantwortung für sexualisierte Gewalt den Betroffenen zugeschoben.
Unter Scham- und Schuldgefühlen leidend bleiben diese nicht selten allein mit den Folgen der Gewalterfahrung.
Sie sind nicht allein. Darüber reden hilft!
Weitere Informationen
Wo fangen Grenzverletzungen an?
Beiispiele:
- anzügliche Blicke
- anzügliche Kommentare
- ungefragt fotografiert werden in der Öffentlichkeit
- unerwünschte Anmache
- unerwünschte Anrufe
- unerwünschte Berührungen, grabschen
- einen Menschen zu etwas drängen
- Belästigung
- Nötigung
- Verfolgung
- Mobbing
- Stalking
- unerwünscht pornografische Bilder oder Filme ansehen müssen
- unerlaubte Weitergabe von (intimen) Fotos
- Zwang zu nicht gewollten Handlungen
- sexuelle Übergriffe
- Vergewaltigung
Jede Frau reagiert anders auf Übergriffe und sexualisierte Gewalt.
Auch extreme Gefühle und Verhaltensweisen sind in dieser Situation angemessen. Frauen und Mädchen reagieren auf eine Vergewaltigung, auf sexuellen Missbrauch oder andere Formen sexualisierter Gewalt so unterschiedlich, wie sie in ihrer Persönlichkeit verschieden sind.
Viele betroffene Frauen und Mädchen leiden über Monate und Jahre hinweg unter einem Übergriff. Psychische oder körperliche Veränderungen sind dafür ein Zeichen. Sexualisierte Gewalt bedeutet immer und für jede Frau eine massive Verletzung ihrer Persönlichkeit und einen Eingriff in ihr Selbstbestimmungsrecht.
Was ist eine Vergewaltigung?
Eine Vergewaltigung oder ein Vergewaltigungsversuch gehört zu den schmerzvollsten Erfarrungen, die Frauen in ihrem Leben machen können.
Eine Vergewaltigung ist eine extreme Form von sexueller Gewalt, bei der Sexualität als Mittel zur Machtdemonstration, Demütigung und Unterwerfung eines Menschen eingesetzt wird. Sie ist ein Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung und gegen das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit. Als Vergewaltigung gilt jede Form des Eindringens in den Körper einer Person gegen deren Willen, auch wenn die Frau sich aus Angst nicht wehrt. Frauen reagieren auf eine Vergewaltigung oder einen Vergewaltigungsversuch so unterschiedlich wie Frauen in ihrer Persönlichkeit verschieden sind.
Es gibt es keine allgemeingültigen, vorhersagbaren Verhaltensweisen bei und nach einer Vergewaltigung und damit auch keine richtigen oder falschen Reaktionen. Die einen reagieren äußerlich ruhig und gefasst, andere weinen, sind völlig durcheinander, verwirrt und verzweifelt. Manche fühlen sich erstarrt, verstört und leer. Manche fühlen sich so, als wenn es nicht ihnen passiert wäre. Eine Vergewaltigung ist gekennzeichnet von einem völligen Kontrollverlust. Wenn der Täter bekannt oder vertraut ist, bedeutet die Vergewaltigung darüber hinaus einen massiven Vertrauensmissbrauch und Vertrauensbruch.
In dieser extremen Gewaltsituation gibt es kein „richtiges“ oder „typisches“ Verhalten, sondern nur instinktive Reaktionen, um irgendwie die Situation zu überleben.
Manche Frauen sind starr vor Angst und lassen die Vergewaltigung scheinbar teilnahmslos über sich ergehen. Einige wehren sich körperlich oder verbal. Jede Verhaltensweise stellt einen Schutzmechanismus dar, um die Situation zu überstehen.
Im öffentlichen Bewusstsein existieren viele Fehleinschätzungen und Mythen über Vergewaltigungen und andere Formen sexualisierter Gewalt. So wird zum Beispiel betroffenen Frauen häufig fälschlicherweise eine Mitschuld an einer Vergewaltigung zugeschoben. Dies verhindert in vielen Fällen, dass die Betroffene die Tat anzeigt.
Die Verantwortung für die Tat liegt immer beim Täter/ der Täterin!
Was viele Frauen kennen, sind Gefühle der Angst, der Ohnmacht, Erniedrigung und Beschmutzung. Das Vertrauen in sich selbst und in die Welt ist erschüttert.
Viele Überlebende fühlen sich schuldig und schämen sich. In den Wochen und Monaten nach einer Vergewaltigung gibt es jedoch immer wieder auch Zeiten, in denen das Erlebte fast völlig vergessen wird, so als ob nichts geschehen wäre.
Aufgrund der seelischen Verletzung, die mit einer körperlichen Gewalteinwirkung zu vergleichen ist, sprechen Fachleute auch von einer psychischen Traumatisierung. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass äußerlich nicht sichtbare seelische Folgen mindestens so schwerwiegend sein können wie körperliche Verletzungen nach Gewalttaten.
Die traumatischen Folgen einer Vergewaltigung können ähnlich schwerwiegend wie die einer Geiselnahme oder einer Naturkatastrophe sein.
Folgen sexueller Übergriffe und Vergewaltigung …
… können zum Beispiel sein:
- Angstzustände (z. B. Panikattacken, diffuse Ängste, Angst das Haus zu verlassen, Angst vor dem Alleinsein, Angst unter Menschen zu sein)
- Flashbacks (plötzliche, sich ungewollt aufdrängende Erinnerungen, bei denen die Tat wie real noch einmal durchlebt wird)
- Schlafstörungen, Alpträume
- Depressionen
- sexuelle Probleme
- Zwänge (z.B. Waschzwänge)
- Selbstmordgedanken
- Ess-Störungen
- Alkohol-, Drogen- oder Tablettenmissbrauch
Was können Sie als Betroffene tun?
Die meisten Frauen versuchen, mit einer Vergewaltigung oder sexuellen Übergriffen allein fertig zu werden. Erfahrungsgemäß ist die Verarbeitung des Widerfahrenen ohne Hilfe und Unterstützung jedoch schwierig. Egal wie kurz oder lange die Tat her ist, ist es sinnvoll, sich Unterstützung bei vertrauten Menschen und/ oder in einer Fachberatungsstelle zu holen.
Die Verarbeitung einer Gewalttat ist auch davon abhängig, wie das soziale Umfeld reagiert. Wenn der betroffenen Frau von unterstützenden Freund*innen und Familie geglaubt wird, ist das ein wichtiger Beitrag zur Heilung. Wenn Frauen nicht geglaubt, ihr Bericht in Zweifel gezogen oder ihnen eine Mitschuld gegeben wird, erschwert das die Verarbeitung der Gewalttat massiv.
Medizinische Untersuchung und Versorgung
Jede Vergewaltigung ist ein medizinischer Notfall.
Auch wenn eine medizinische bzw. gynäkologische Untersuchung nach einer Vergewaltigung für die meisten betroffenen Frauen und Mädchen eine psychische Belastung darstellt, ist sie sinnvoll und sollte möglichst umgehend nach der Vergewaltigung erfolgen – am besten in Begleitung einer Vertrauensperson.
Rechtliche Schritte
Die Entscheidung, ob die Tat zur Anzeige gebracht wird oder nicht, sollte in Ruhe getroffen werden und sich allein nach dem Willen, und den Bedürfnissen des betroffenen Mädchens/ der betroffenen Frau richten. Ein Strafverfahren (eine Aussage bei der Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft) kann eine enorme Belastung für Betroffene darstellen. Für andere hingegen ist ein Strafverfahren ein wichtiger Schritt, um mit der Verarbeitung der Gewalttat zu beginnen.
Wichtig bei der Entscheidung, ob die Gewalttat zur Anzeige gebracht wird:
Offizialdelikte
Die Straftatbestände Vergewaltigung und sexueller Missbrauch sind Offizialdelikte, das heißt, eine einmal erstattete Anzeige kann nicht mehr zurückgenommen werden. Sobald Polizei oder Staatsanwaltschaft von der Straftat erfährt – egal von wem – muss sie ermitteln.
Gedächtnisstütze
Falls Sie sich nicht sicher sind, ob Sie den/ die Täter anzeigen wollen, können Sie als Erinnerungsstütze ein schriftliches Gedächtnisprotokoll erstellen, damit Sie später noch genaue Angaben zum Tathergang machen können.
Auch scheinbar unwichtige Nebensachen können dann von Bedeutung sein. Zudem kann das Niederschreiben auch für Sie selbst erleichternd sein, weil Sie damit Distanz zwischen sich und das Geschehene bringen.
Beweisstücke
Wäsche, Kleidung oder andere Gegenstände, mit denen der Täter in Berührung gekommen ist, können wichtige Beweisstücke in einem Strafverfahren sein. Auch wenn es Ihnen schwerfällt, sollten Sie deshalb mögliche Beweisstücke ungewaschen, trocken und getrennt in Papiertüten (wichtig: keine Plastiktüten verwenden!) verpackt aufbewahren.
In unserer Beratungsstelle können wir gemeinsam überlegen, welcher Weg für Sie der richtige ist.
Was können Unterstützer*innen tun?
Erfahren Partner*innen, Familie, Bekannte, Arbeitskolleg*innen, Fachkräfte oder andere nahestehende Personen von Übergriffen, löst dies unterschiedliche und zum Teil heftige Gefühle aus.
Wenn Sie eine andere Einschätzung als die Betroffene haben, z.B. in Bezug auf eine Anzeige:
Respektieren Sie unbedingt die Entscheidung der betroffenen Frau. Gerade männliche Angehörige reagieren häufig mit großer Wut auf die Schilderungen einer Frau und drängen zur Anzeige, oder drohen damit selbst aktiv zu werden. Diese Gefühle sind verständlich aber die Folge ist häufig, dass die Frau in Zukunft schweigt, um Sie oder weitere Angehörige/Freunde zu beruhigen. Ihre Wut auf den Täter und der Versuch, die Frau unter Druck zu setzen, irgendetwas zu tun, bietet einen scheinbaren Ausweg mit dem Gefühl der eigenen Ohnmacht und Hilflosigkeit umzugehen. In der Konsequenz hilft es Betroffenen nicht weiter, sondern macht ihre Situation noch schwieriger.
Wenn Sie eine betroffene Frau oder ein betroffenes Mädchen unterstützen wollen, beachten Sie bitte folgende Empfehlungen:
- Erstatten Sie keine Anzeige über den Kopf der Betreffenden hinweg!
- Drängen Sie sie nicht, über die Tat und ihre Gefühle zu sprechen.
- Teilen Sie Ihre Bereitschaft mit, ihr zuzuhören, für sie da zu sein, aber lassen Sie die Frau den Zeitpunkt selbst bestimmen.
- Machen Sie ihr keine Vorwürfe. Stellen Sie keine Fragen, die die Frau in eine Verteidigungsposition drängt.
- Vermitteln Sie, dass die Verantwortung für die Tat beim Täter liegt.
- Fragen Sie, welche Unterstützung sie von Ihnen möchte: Informationen, Adressen besorgen, Begleitung, Warten bei einer Untersuchung etc.
- informieren Sie sich bei dem Frauennotruf, der Beratungsstelle vor Ort.
Wenn Sie merken, dass Sie mit dem Geschehen an die Grenzen dessen stoßen, was für Sie verständlich, nachvollziehbar oder zu bewältigen ist, können Sie sich als Angehörige, Vertrauensperson oder Fachkraft gerne mit uns in Verbindung setzen.